Ausleger-Geschichten

Wäre das nicht klasse?

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Zuerst veröffentlicht in Small Craft Advisor, Jan/Feb 2002, Ausgabe No. 13

September 1990. Die Anlegestelle am Puget Sound liegt im abendlichen Schatten. Es ist kühl. Russell Brown hockt auf seiner Prindle 16, verstaut Segelzeug nach unserem holprigen Ritt über die Bucht von Port Townsend. Er turnt auf die Pier und sieht so aus als müsse er mir etwas leicht Unangenehmes sagen.

Kayak with outriggers "Okay, Russell..., aber ich will's ausprobieren." Ich hatte darüber geredet, einem Kajak zum Segeln Seitenrümpfe zu verpassen. Ich hatte es gleich mehrmals erwähnt, aber nie Resonanz bekommen, "Ja, klasse!" Oder ein Achselzucken, "hm... warum nicht".

Seit Jahren hatte ich mit Segelriggs auf Kajaks herumexperimentiert. Ich hatte Strandkatamarane gesegelt, Bill Schooleys Doppelrumpfboot mit einem Ausleger, Dragonfly, und viele Kajaks und Kanus mit einer Unzahl von modernen Segeln, und mehr. Ich dachte, ein Paddel- und Segelboot mit einem oder zwei Auslegern wäre klasse.

Sie würden Stabilität und Sicherheit geben. Man könnte größere Segel verwenden, und mit der großen Wasserlinienlänge der langen Kajakrümpfe---vielleicht ab und zu losflitzen wie ein kleiner Strandkatamaran.

Russell sortiert Schoten und Fallen der Prindle und wirft mir einen schiefen Blick zu.

"Hugh...," ein schräges Grinsen, "laß uns essen gehn."

* * *

Beach sailing trimaran Russell ist der jüngere Sohn von Jim und Joanna Brown. Jim ist einer der "lebenden Design-Legenden" aus der 25-sten Jubiläumsausgabe des Multihull Magazins. Russell entwirft und baut Proas und andere Boote (vergleiche WoodenBoat #83, und Cruising World, März '01). Er ist ein kreativer Meister in Verbundmaterial-Konstruktionen. Sein Bruder Steve und er sind auf dem Trimaran der Familie, Scrimshaw, groß geworden.

Im Winter '90/'91 baut Russell einen kleinen Ausleger für Howard Rice und mich. (Howard ist der Einheitdesign-Fanatiker und Klepper-Segler und -Paddler, an den sich einige von Euch vom letzten Monat her erinnern.) Der Ausleger ist fünf Fuß lang, 80-90 Pfund Verdrängung. Es war ein Versuch für ein Klepper Aerius II Zweier, und er ist bezaubernd.

Beach sailing trimaran Frühling, '91. Der Clinton River nahe Detroit. Temperaturen um die 50 (F; etwa 10°C, d. Ü.), wolkig, stürmisch, rauh. Howard und ich tragen ein 21 Fuß (ca. 640 cm, d. Ü.) Northwest Kayaks Seascape 2 fünfzig Yards (etwa 45 m, d. Ü.) bis ans Wasser. Raus aus der Werkstatt, um das alte Haus herum, über ein Gatter in einem niedrigen Zaun, auf den rissigen Steg auf dem altersschwachen hölzernen Damm. Puh! Wir haben ja schon viele Kajaks und Kanus hier heruntergetragen. Verflixt kompliziert! Mit dem federleichten, simplen Ama an dem einfachen Hauptrumpf ist das Seascape sehr unhandlich geworden.

Auf dem St. Clair-See ist das Eis weg---ein trügerischer Eindruck von Wärme. Wir stampfen mit sechs oder sieben Knoten vorwärts. Howard reitet nach Steuerbord aus oder klettert auf das Auslegerrohr. Ich frage mich wie das Eis überhaupt schmelzen konnte.

Das Wochenende vom ersten Mai, '91. Ein paar Meilen südlich der Mündung des Suwanee River, Florida, auf dem siebten Cedar Key-Kleinboottreffen. Sonnig, 80 (F; etwa 25°C, d. Ü.), Südwest 8-12, und beinahe 80 Quadratfuß (ca. 7.5 qm, d. Ü.) Segelfläche auf dem Seascape. Ron Sell und ich strahlen und schauen dem Ama zu, wie ein Dephin im warmen Wasser gleitend, bis das Wasser mein plumpes Verbindungsrohr trifft. Das Ama schneidet unter, während es fünfeinhalb Fuß von der Mittellinie des Boots entfernt für Auftrieb sorgt.

Naß. Wen kümmert's? Aber die Sea Pearls 21---600 Pfund (ca. 270 kg, d. Ü.), offene Einrumpfboote mit zwei Katsegeln---segeln uns immer noch am Wind davon. Mit dem Ausleger haben wir mehr Kenterstabilität, aber wir sind nicht nicht schneller als ohne, auch nicht hart am Wind. Beim Paddeln krängen wir unbewußt, damit das Ama frei kommt.

Open canoe with outriggers Zum Segeln wären längere Ausleger mit mehr Volumen besser, besonders wenn man in einem kleinen Cockpit mitten im Boot festsitzt. Für das Paddeln oder Leichtwindsegeln hatte Russells Schönheit so wenig Strömungswiderstand als möglich, streichelte das Wasser beim Eintauchen---es ist trotzdem Strömungswiderstand am Ende eines Hebels. Aber er gab uns das solide 'bodenstabile' Gefühl eines Mehrrumpfboots.

Im '93 zeichnete Jim einen kleinen Segel-/Paddel-Trimaran für Wilderness Systems und schickte mir ein Vormodell. Es sah wie ein Kajak mit Amas aus. Aber das Design entwickelte sich mehr zu einem Segeltrimaran als einem Paddelboot, wurde schließlich zum WindRider 16.

Sailing canoe with ama Im Sommer '96, Lake Michigan. Rice und ich segeln raumschots die Wellen ab und erreichen flache Stellen. Er sitzt in seinem 17 Fuß (ca. 515 cm, d. Ü.) Klepper mit kurzen, stoffbespannten Amas, ein Felsbrocken auf dem Bugsitz. Puffin mißt insgesamt 15 Fuß (ca. 455 cm, d. Ü.), und hat 2/3 der Segelfläche des Kleppers. Aber unsere Geschwindigkeiten waren etwa gleich. Klar, Howards Schläuche stoppten das Angstgefühl, und er ist nicht gekentert. Was soll ich sagen? Ich war schon in der Brandung, drehte ins Wellental ein und schrie etwas über Abendessen zu Ron Sell am Strand, als....

'97, in Cedar Key segelte ich eine WindRider 16 in viel Wind. Im Jahr davor bin ich ein paar Minuten in einer herumgedriftet und hatte keinen Spaß, sie zu paddeln. Mit Wind war sie großartig, naß und schnell. Ich konnte sie nicht über den Leeausleger kippen.

WindRider 16 Im '98 entwarf Jim die WindRider 17 als Einer/Zweier mit einem verstagten Rigg und einem Jollenbug. Sie ist zu einem noch potenteren Segler geworden, sagt er, bequem in der Welle vor der Küste. Aber kannst du sie paddeln? Oder auf das Autodach heben? Kannst du sie auf der Schulter ins Wasser tragen, mit Segelzeug und Paddel in deiner anderen Hand? Jetzt weiß ich, warum Russell ein Jahrzehnt vorher geseufzt und das Thema gewechselt hat.

Amas an Kajakrümpfen sorgen für:
A) Sicherheit, durch Widerstand gegen das Kentern
B) mehr Leistung.

Aber B wird immer kleiner, wenn Auftriebskörper und Segel schrumpfen, oder stört beim Paddeln und schadet der Benutzerfreundlichkeit, wenn Segel und Auftriebskörper wachsen.

Schauen wir auf eine Gruppe erfahrener Mehrrumpfboot-Segler in Michigan. Vier von ihnen, und Howard, wollen Schwesterschiffe von Meade Gougeons Einrumpf-Expeditionssegelkanu, Serendipity, haben.

Drei von ihnen haben G32 Wanderkatamarane. Einer hat ein Tremolino. Zwei besitzen Trimarane, die das Regattafeld der Great Lakes über dreißig Jahre beherrschten, eingeschlossen die Mackinac-Regatten, und sie hatten auch einen Sonderbeitrag in der 25-sten Jubiläumsausgabe des "Multihulls". Ein dritter besitzt ein Kettering Tri-Foiler, und derjenige war auch auf der nördlichen Rinne des Huron-Sees mit einer Laser unterwegs. Drei sind mit Monos und Multis nach oder in anderen Erdteilen gesegelt. Einer hat binnen mit Einzel- und Doppelpaddeln im Wettbewerb gepaddelt. Und sie hatten Unmengen von Strandkatamaranen. Über die Jahre besaß jeder von ihnen so viele Boote wie nur sonst jemand von meinen Bootskollegen. Jetzt wollen sie ein gutes Segel-/Paddelboot, einfach und dachträgertauglich---und so vielseitig wie sie selbst.

Schauen wir Jim an. Im Alter von 62 hat er sein erstes Einrumpfboot gezeichnet und gebaut---Bottle Nose---ein innovatives 14 Fuß / 28 Inches (ca 425 x 71, d. Ü.) Kajak/gedecktes Kanu mit einem einfachen Segel für Amwindkurse.

Erinnern wir uns bitte an die offensichtlichen Unterschiede zwischen dem Küstensegeln mit einem Freund in einem zweiten Boot in gutem Wetter und warmem Wasser, eine halbe Stunde von einer Gastwirtschaft mit Biobrötchen und Espresso entfernt, und dem Segeln solo, Meilen von der Küste weg, in kalter Salzlake. Der Wunsch, Kentern zu verhindern, ist weder unbegründet noch unseemännisch, besonders wenn das Boot so schmal ist, daß es schnell passiert. Wie Howard mailte, "Ich kann dir sagen, daß ich mir oft eine Art schwimmender Flügel für mein fragiles Schiffchen gewünscht habe..." Vom kleinsten Schlauchausleger bis zum größten, alle verhindern das Kentern. Und, in gewissem Maße, ebenso tut es ein breiteres, fülligeres Boot.

Also, wenn wir ein sofort anpassbares, aufblasbares Ama/Aka-System hätten, mit geräumigen Amas so lang wie das Boot, so wohlgeformt wie möglich nach Wissenschaft und Kunst, die manchmal zu einem Ballon an einem Stock zusammenschrumpfen würden, und zu allem dazwischen, dann einfach die Hälfte der Zeit ganz weg wären. Wäre das nicht klasse? Und dazu ein aufblasbares Rigg, mit besseren Einstellmöglichkeiten als, sagen wir, Daumen und Zeigefinger einer Fledermaus, mit Rauch-Trimmfäden, die auf Wunsch aus der Vorderkante/Daumen herausströmen? Wäre das nicht super? Und außerdem....

* * *

Oktober '01. Russell ist zurück von einem Törn in die Georgiastraße zwischen Vancouver Island and British Columbia. Seine Proa, Jzerro, ist in Australien geblieben.

"Es war echt cool. Ich lag sicher vor Anker, als es durch die Straße wehte. Ich hatte mein Zelt auf dem Tornado aufgebaut. Ein Weißkopfseeadler war in der Luft. Ein Fischadler flog direkt übers Zelt. Ich dachte darüber nach, wie viel Freude ich mit Meades kleinem Boot haben würde."

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